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Kinder

27. März 2010

Kinder sind bei Augarten nicht so prominent wie z.B. die Lippizzaner oder die Tänzerinnen, sind aber doch immer wieder ein beliebtes Thema. Hier zwei Kinderbüsten von Ida Schwetz-Lehmann.

Es ist interessant festzustellen, dass bereits lange bevor Gleichberechtigung, Koedukation und Gendering zu Schlagworten wurden, Kinder oft paarweise als Mädchen und Knabe dargestellt wurden, ohne eine merkliche Präferenz für ein Geschlecht. Wenn man allerdings die Putten auch zur Kategorie der Kinder zählen will, findet man mehr Knaben als Mädchen. Unter den menschlichen Kindern jedoch fällt in der Häufigkeit der Darstellung kein Ungleichgewicht auf.

Die beiden musizierenden Kinderfiguren, die Theodor Stundl für die „Freunde der Kleinplastik“ entwarf, gehören auch hierher, ein Mädchen mit Flöte und ein Junge mit Gitarre.

Die Kinder sind meist geschlechtsspezifisch gekleidet und üben Tätigkeiten aus, die für das jeweilige Geschlecht typisch sind. So fährt ein Junge mit seinem Trittroller, während das entsprechende Mädchen mit einer Puppe spielt. Der Junge trägt eine kurze Latzhose, das Mädchen hingegen ein Kleid (sowie übrigens auch die ebenfalls weibliche Puppe). Beide Figuren sind Entwürfe von Mathilde Jaksch.

Bei Augarten gibt es diese beiden Kinder übrigens hübsch bemalt in der Osterkollektion.

Die folgende Schreibtischgarnitur von Hertha Bucher zieren ebenfalls zwei Kinder, doch diesmal handelt es sich um zwei Jungen.


Die Garnitur in meiner Sammlung ist leider nicht komplett: es fehlt der Deckel des Tintenfasses.

Aber nicht immer treten die Kinder paarweise auf. Hier z.B. ein kleiner Junge als Relief auf einem Parfumzerstäuber, entworfen von Karin Jarl.

Kinder gaben auch Motive für Malereien ab. Hier ein kleines Tablett mit einem Kinderporträt. Man darf auf Grund der blauen Masche wohl annehmen, dass es sich um einen kleinen Jungen handelt.

Auch auf Vasen sind Kinder oft abgebildet, meistens beim Spiel. Hier eine kleine Vase (leider ohne zugehörigem Deckel) mit einem Dekor von Mela Köhler.

Während Mela Köhler die drachenspielenden Kinder zum Hauptthema ihres Dekors macht, spielen die Kinder bei einem wohl weniger bekannten Dekor von Franz Zülow eine untergeordnete Rolle. Sie sind bloß Nebendarsteller in einer Serie von romantischen Szenen. Die Hauptakteure, eine Dame und ihr Galan, dürfen den Kern eines Teeservices zieren,  die Kinder jedoch finden sich in kleineren Abbildungen auf den Teetassen.

Hertha Bucher zeigt Kinder beim Sport. Auf einer alten großen Vase sieht man eine Reihe von Szenen, die Kinder im Winter beim Rodeln, Schifahren und Spielen im Schnee zeigen.

Vor einigen Jahren gab es bei Augarten eine sogenannte Vario-Vase mit dem Dekor „Winterfreuden“, allerdings mit einer neuen Dekornummer, nämlich 6821, wo einige dieser Szenen wieder auftauchen.

Dazu gab es auch eine kleine quadratische Platte:

Manchmal sind Kinder auch nur Teil einer Figurengruppe, wie z.B. in der Figur „Erde“, einem Entwurf von Mathilde Jaksch, wo die Mutter gemeinsam mit ihrem Kind dargestellt ist.

In den sakralen Abbildungen darf natürlich bei der Mariendarstellung das Jesuskind nicht fehlen. Hier zwei Beispiele dazu:

Zum Schluss möchte ich noch auf einen früher üblichen Sprachgebrauch hinweisen, der heute nicht mehr als korrekt empfunden wird, nämlich die Verwendung der Bezeichnung „Mädchen“ für junge Frauen. In der von Waltraud Neuwirth publizierten Listen der Dekore bzw. Figuren findet man Bezeichnungen wie „Mädchen mit Tulpe“, „Mädchen im Sturm“, „Mädchen am Strand“. Bei den betreffenden Darstellungen handelt es sich keineswegs um kleine Mädchen, sondern um junge Frauen. Der Ausdruck „Mädchen“ war in früherer patriarchalisch geprägter Zeit gesellschaftlich allgemein üblich, um junge unverheiratete Frauen zu bezeichnen. Die Listen der Manufaktur spiegeln diese Einstellung.

Mädchen und Affe, Entwurf von Vally Wieselthier

Mädchen mit Tulpe, Briefbeschwerer, Entwurf von Hertha Bucher